Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Kommunalwirtschaft

Nachhaltiges Wirtschaften gewinnt immer stärker an Bedeutung. Insbesondere der Klimawandel sowie die damit verbundenen Herausforderungen, Chancen und Risiken für Unternehmen schreiten weiter voran. Diese Entwicklungen wurden von der Politik als wichtige Aufgabe der kommenden Jahre erkannt und eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft u. a. 2018 mit dem „Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ angestoßen1. Im Juni 2020 wurde die EU-Taxonomie Verordnung als zentraler Baustein und Klassifizierungssystem von nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten veröffentlicht2. Von der EU-Kommission wurde zudem im April 2021 der Vorschlag zur „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) veröffentlicht, mit dem die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen auf die nächste Ebene gehoben werden soll3. Der Richtlinienvorschlag beabsichtigt, die Nachhaltigkeitsberichterstattung als notwendige Transparenz über unternehmerische Nachhaltigkeitsleistungen nicht nur inhaltlich umfassender zu gestalten und zu konkretisieren, sondern ebenso den Anwenderkreis auszuweiten. Davon betroffen können dann künftig auch Unternehmen der Kommunalwirtschaft sein.


Einleitung

Die Zeit zum nachhaltigen Handeln drängt. So war der diesjährige deutsche Erdüberlastungstag bspw. bereits am 4. Mai 2022. Noch vor dem globalen Earth Overshoot Day4 hat Deutschland damit seinen Teil der Ressourcen aufgebraucht5. Nach Daten der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) könnte die 1,5 Grad Erderwärmung bereits 2026 erreicht werden, deutlich vorher also als bislang angenommen6. Der 6. Sachstandsbericht des International Panel on Climate Change (IPCC) rät eindringlich, die derzeitigen Bemühungen, insbesondere zum Klimaschutz, deutlich auszuweiten7.

Gerade unternehmerischem nachhaltigen Handeln kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es gelingen soll, wirtschaftlichen Fortschritt und Umweltschutz im Einklang mit sozialen Werten zu vereinen. Unternehmen tragen hier eine besondere Verantwortung, z. B. mit ressourceneffizienten Produktionsverfahren, mit der Herstellung umweltschonender Produkte, mit technologischen Innovationen oder mit sozialverantwortlichem Handeln.

Bereits seit dem Jahr 2017 wurden daher große Unternehmen des öffentlichen Interesses dazu verpflichtet, transparent über ihre unternehmerische Nachhaltigkeitsleistungen zu berichten. Eine Beschränkung auf nur diesen Kreis von Unternehmen wird sich jedoch nach dem Richtlinienvorschlag zur CSRD nicht mehr finden.

Öffentliche Unternehmen der Kommunen sind oftmals die zentralen Infrastrukturdienstleister in Deutschland und zugleich Impulsgeber für wirtschaftliche, kulturelle und soziale Stabilität sowie Entwicklung. Sie stellen die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft und Wirtschaft sicher. Aufgrund ihrer Vorbildfunktion gelten für Unternehmen der Kommunalwirtschaft häufig auch unabhängig von der Unternehmensgröße weitergehende Vorschriften der Rechnungslegung (z. B. durch Kommunalverfassungen).

Damit kann künftig für zahlreiche kommunale Unternehmen eine verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung, einschließlich erforderlicher Angaben nach der EU Taxonomie-Verordnung, einschlägig werden.

CSRD

Im Einklang mit der angestrebten Transformation hin zu einer nachhaltigen, weitestgehend CO2-freien Wirtschaft wurde bereits im April 2021 durch den durch die EU-Kommission vorgelegten Entwurf einer CSRD die Tür zur Weiterentwicklung nichtfinanzieller Berichtspflichten von Unternehmen nicht nur inhaltlich weit aufgestoßen, sondern der Richtlinienvorschlag sieht auch eine deutliche Ausweitung des Anwenderkreises vor. In Deutschland wären statt bisher ca. 550 Unternehmen von öffentlichem Interesse zukünftig ca. 15.000 Unternehmen von den nachhaltigkeitsbezogenen Berichtspflichten betroffen.

Taxonomie

Eng verzahnt mit dem Thema CSRD ist die EU-Taxonomie-Verordnung. Für Unternehmen, die verpflichtet sind, eine nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung zu erstellen, hat sie besondere Relevanz, denn für diese Unternehmen definiert die EU-Taxonomie-Verordnung diesbezüglich erweiterte Angabeerfordernisse.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 der EU-Taxonomie-Verordnung sind von diesen Unternehmen Angaben zu machen, wie und in welchem Umfang ihre Tätigkeiten mit Wirtschaftstätigkeiten in Verbindung stehen, die als ökologisch nachhaltig gem. der Kriterien der EU-Taxonomie-Verordnung einzustufen sind. Für alle Nichtfinanzunternehmen14  umfassen die durch die EU-Taxonomie Verordnung verpflichtenden zusätzlichen Angaben in der nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung gem. Art. 8 Abs. 2 insbesondere

  • den Anteil ihrer Umsatzerlöse, der mit Produkten oder Dienstleistungen erzielt wird, die mit gem. der Taxonomie-Verordnung als ökologisch nachhaltig einzustufenden Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, und
  • den Anteil ihrer Investitionsausgaben und, soweit zutreffend, den Anteil der Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Vermögensgegenständen oder Prozessen, die mit gem. der Taxonomie-Verordnung als ökologisch nachhaltig einzustufenden Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind.

Für die Klassifizierung von ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten legt die Taxonomie-Verordnung zunächst sechs Umweltziele fest, die der Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit zugrunde gelegt werden. Basierend auf diesen werden sog. technische Bewertungskriterien definiert, anhand derer bestimmt werden kann, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist.

Sofern Unternehmen der Kommunalwirtschaft der CSRD unterliegen, haben sie unweigerlich auch die zusätzlichen Angabeerfordernisse der EU-Taxonomie-Verordnung zu erfüllen.
 

Fazit

Unternehmen der Kommunalwirtschaft können künftig direkt oder indirekt in den Anwendungsbereich der CSRD und damit auch der EU-Taxonomie-Verordnung fallen.

Die für diese Nachhaltigkeitsberichterstattung notwendigen qualitativen und quantitativen Informationen erfordern eine verlässliche Datenerhebung, -aggregation sowie -validierung. Gleichzeitig ist bereits mit der Erstanwendung – ohne Übergangsregelung – eine verpflichtende externe Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgesehen.

Vor diesem Hintergrund kann eine erstmalige Verpflichtung Unternehmen der Kommunalwirtschaft vor erhebliche Herausforderungen stellen, insbesondere indirekt betroffene kleine und mittelgroße Unternehmen.

Nur eine frühzeitige und intensive Auseinandersetzung mit den kommenden Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung kann dem entgegenwirken.

 

1 Vgl. SF AP FINAL FINAL (europa.eu), abgerufen 6. Juni 2022.
2 Vgl. EUR-Lex - 32020R0852 - EN - EUR-Lex (europa.eu), abgerufen 6. Juni 2022.
3 Vgl. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=CELEX:52021PC0189&from=EN, abgerufen 6. Juni 2022. Derzeit befindet sich der Richtlinienvorschlag zur CSRD in den sog. Trilog-Verhandlungen der EU. Mit einer Verabschiedung des Richtlinienvorschlag in im 2. Halbjahr 2022 zu rechnen.
4 Für das Jahr 2021 fiel dieser auf den 29. Juli, vgl. Overshoot Day | WWF, abgerufen 6. Juni 2022.
5 Vgl. Erdüberlastungstag: Deutsche haben Ressourcen für 2022 verbraucht | Umweltbundesamt, abgerufen 6. Juni 2022.
6 Vgl. World Meteorological Organization | (wmo.int), abgerufen 6. Juni 2022.
7 Vgl. Sixth Assessment Report — IPCC, abgerufen 6. Juni 2022.
8 Vgl. Richtlinienvorschlag, S. 15 f.
9 Für Geschäftsjahre ab dem 1. Januar 2026 ist zusätzlich eine Pflicht zur Aufstellung eines Nachhaltigkeitsberichts auch für sämtliche in der EU ansässigen kapitalmarktorientierten kleinen und mittleren Unternehmen vorgesehen.
10 Vgl. Richtlinienvorschlag, Art. 19a Abs. 1 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU.
11 Vgl. Richtlinienvorschlag, Art. 19a Abs. 2 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU.
12 Vgl. Richtlinienvorschlag, Art. 19a Abs. 2 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU.
13 Vgl. Richtlinienvorschlag, Art. 19b Abs. 1 sowie Art. 19c zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU.
14 Auf die Darstellung der Anforderungen für Finanzunternehmen wird vor dem Hintergrund der Unternehmen der Kommunalwirtschaft verzichtet.

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