BMF-Schreiben zum Ausweis einer falschen Steuer in Rechnung an Endverbraucher

BMF-Schreiben zum Ausweis einer falschen Steuer in Rechnung an Endverbraucher


Hintergrund
Ein Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Leistung einen unrichtigen (Abs. 1) oder unberechtigten Steuerausweis (Abs. 2 S. 1) gesondert ausweist, schuldet gem. § 14c UStG auch den Mehrbetrag bzw. den ausgewiesenen Betrag. Diese Vorschrift basiert auf Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG. Das Unionsrecht bestimmt jedoch lediglich, dass die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet wird, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist. Im deutschen Recht hingegen wird zwischen verschiedenen Fallkonstellationen unterschieden. Der BFH entschied in seinem Urteil vom 13.12.2018 – V R 4/18, dass eine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG auch bei einer ausgestellten Rechnung an einen Nichtunternehmer entsteht. Der EuGH sprach sich jedoch mit Urteil vom 8.12.2022, C-378/21, Finanzamt Österreich, dagegen aus.
Entscheidung des EuGH
Der EuGH entschied, dass ein Steuerpflichtiger, der eine Dienstleistung an einen Endverbraucher erbracht hat und in seiner Rechnung einen falsch berechneten Mehrwertsteuerbetrag ausgewiesen hat, den Mehrbetrag nicht nach Art. 203 der Richtlinie 2006/112/EG schuldet. Art. 203 der Richtlinie findet in einem solchen Szenario keine Anwendung. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Rechnung ausschließlich an einen Endverbraucher gerichtet wird, da dieser nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. In diesem Fall geht die Rechtsprechung davon aus, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt.
Umsetzung im deutschen Recht
Als Reaktion auf das EuGH-Urteil hat das Bundesministerium der Finanzen nun mit seinem Schreiben vom 27.02.2024 – III C 2 – S 7282/19/10001:002 reagiert. Hierbei legt das BMF für die Finanzverwaltung fest, dass der Wortlaut des Umsatzsteuergesetzes für alle offenen Fälle unionsrechtskonform einschränkend auszulegen ist. Dies bedeutet: Hat ein Unternehmer tatsächlich eine Lieferung oder sonstige Leistung erbracht und eine Rechnung mit einem fehlerhaften Steuerausweis an einen Endverbraucher ausgestellt, entsteht keine Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Entsprechendes gilt für einen unberechtigten Steuerausweis durch einen Kleinunternehmer gem. § 14c Abs. 2 S. 1 UStG. Auf die übrigen Fälle des § 14c Abs. 2 UStG sind die Grundsätze des EuGH-Urteils nicht anwendbar, da die grundlegende Voraussetzung des Urteils, nämlich die tatsächliche Erbringung einer Leistung durch einen Unternehmer, hier nicht gegeben ist. Entsteht keine Steuerschuld nach § 14c UStG, ist auch keine Berichtigung des Steuerbetrages notwendig.
Als „Endverbraucher“ in diesem Kontext gelten Nichtunternehmer und Unternehmer, die nicht als solche handeln. Bei der Beurteilung, ob tatsächlich ein Endverbraucher als Leistungsempfänger gehandelt hat kann die Art der Leistung berücksichtigt werden. Bestehen jedoch Zweifel, ob es sich um einen Unternehmer oder einen Endverbraucher handelt, sind die Grundsätze des EuGH-Urteils nicht anzuwenden und es entsteht eine Steuerschuld nach § 14c UStG. Für die Entstehung der Steuerschuld spielt es keine Rolle, ob und ggf. in welchem Umfang ein tatsächlicher Vorsteuerabzug erfolgte. Könnte der Rechnungsadressat sein Recht auf Vorsteuerabzug geltend machen, geht die Rechtsprechung von einer Gefährdung des Steueraufkommens aus, was zur Nichtanwendung des EuGH-Urteils führt. Nachweispflichten ergeben sich sowohl für die Finanzbehörde als auch für den Unternehmer. Die Finanzbehörde hat nachzuweisen, dass es sich um einen falschen Steuerausweis handelt. Der Unternehmer muss jedoch glaubhaft und plausibel darstellen und begründen können, dass die fragliche Rechnung an einen Endverbraucher gestellt worden ist. 
Folgen des Urteils
Das Urteil des BFH vom 13.12.2018 ist durch die EuGH-Entscheidung überholt und daher nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wird entsprechend angepasst. Die wichtigsten Änderungen sind die Neueinfügungen des Absatzes 1a in Abschnitt 14c.1 und des Absatzes 1a in Abschnitt 14c.2. Diese spiegeln oben Beschriebenes wider.
Fazit
§ 14c UStG wird ab sofort unionsrechtskonform einschränkend ausgelegt. Stellt ein Unternehmer einem Endverbraucher für eine tatsächlich erbrachte Dienstleistung eine Rechnung aus, die einen falschen bzw. unberechtigten Steuerausweis beinhaltet, entsteht keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG bzw. § 14c Abs. 2 S. 1 UStG. Es bedarf in diesen Fällen keiner Berichtigung des Steuerbetrags. Kritisch werden dabei insbesondere die Fälle werden, bei denen nicht sicher geklärt werden kann, ob die Rechnungsempfänger tatsächlich alles Endverbraucher sind. In der Praxis könnte dies z.B. der Fall sein bei dem gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer auf Parktickets.