Datum: 

Nichtanwendungserlass des BMF zur Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art gem. § 4 Abs. 6 S. 1 KStG

Mit Schreiben vom 06. Juni 2025 (IV C 2 - S 2706/00061/002/081) positioniert sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zu dem viel beachteten BFH-Urteil vom 29. August 2024 (V R 43/21), nach dem bei einer Zusammenfassung von mehr als zwei Betrieben gewerblicher Art (BgA) die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 bis 3 KStG zwischen allen BgA, die zusammengefasst werden, einzeln vorliegen müssen. Der BFH hat mit seinem Urteil die Möglichkeiten der in der kommunalen Praxis verbreiteten Kettenzusammenfassung stark eingeschränkt. Das BMF hat sich dieser Entscheidung inhaltlich nicht angeschlossen und will diese deshalb nicht über den Einzelfall hinaus anwenden.

Hintergrund:

Der Bundesfinanzhof beschäftigte sich in dem Urteil vom 29. August 2024 mit den Voraussetzungen einer Zusammenfassung von mehr als zwei BgA (sog. Kettenzusammenfassung). Dabei entschied er, dass bei einer Kettenzusammenfassung die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 S. 1 Nummer 1 bis 3 KStG jeweils zwischen allen BgA, die zusammengefasst werden sollen, einzeln vorliegen müssen. Zur Begründung führte der BFH u.a. an, dass es sich dies bereits aus der systematischen Stellung und dem Wortlaut des § 4 Abs. 6 S. 1 KStG ergebe. Insofern stellte sich der BFH gegen die bisherige Auffassung des BMF-Schreibens vom 12.11.2009 (IV C 7 - S 2706/08/ 10004) und die geübte Praxis zur Kettenzusammenfassung.

Auffassung des BMF:

Diese Auslegung des Gesetzes wird durch das BMF nicht geteilt. Vielmehr stellt dieses mit dem Schreiben vom 06. Juni 2025 explizit fest, dass die Grundsätze des BFH-Urteils nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden sind. 

Das begründet das BMF damit, dass nach § 4 Abs. 6 S. 1 KStG sowohl die Möglichkeit der Zusammenfassung mit einem BgA als auch mit mehreren BgA besteht. Während im Fall des § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 und 3 KStG die Zusammenfassung an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft sei, erfordere die Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 KStG mit einem anderen BgA, dass nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht. Diese müsse folglich zu jedem zusammenzufassenden BgA vorliegen – aber auch nur zu diesem. Anderer BgA in diesem Sinne könne dabei sowohl ein BgA i. S. d. § 4 Abs. 1 KStG sein, als auch ein BgA, der erst durch eine Zusammenfassung nach § 4 Abs. 6 S. 1 KStG entstanden ist.

Deshalb sei nach den seit 2009 bestehenden – finanzgerichtlich seither unbeanstandeten – Verwaltungsgrundsätzen § 4 Abs. 6 S. 1 KStG so zu verstehen, dass hiervon nicht nur die bereits im Sinne des § 4 Abs. 1 KStG bestehenden BgA erfasst sind, sondern auch ein erst aus der Anwendung eben dieser Zusammenfassungsgrundätze entstehender neuer BgA nun in einem zweiten Schritt auf dessen Zusammenfassungsmöglichkeit mit weiteren BgA hin zu prüfen ist.

Dies sei aus Sicht des BMF bereits aus Gründen der Gleichbehandlung geboten, da kein sachlicher Grund ersichtlich sei, warum nach § 4 Abs. 6 S. 1 KStG zusammengefasste BgA strengeren Voraussetzungen unterliegen sollten als originäre BgA nach § 4 Abs. 1 KStG, die ihrerseits bereits gleichsam eine mehrere Betriebe umfassende Einrichtung darstellen.

Deshalb seien die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 12. November 2009 weiterhin anzuwenden.

Ausblick:

Grundsätzlich weist das BMF-Schreiben vom 06. Juni 2025 die Finanzverwaltung somit mittels eines Nichtanwendungserlasses an, die Grundsätze des BFH-Urteils zur Kettenzusammenfassung vom 29. August 2024 nicht auf vergleichbare Fälle anzuwenden.

Es bleibt somit abzuwarten, wie sich der Nichtanwendungserlass des BMF auf die Praxis und insbesondere auf eine mögliche Reaktion des Gesetzgebers auswirkt.

Auch wenn aufgrund des BMF-Schreibens nicht zu erwarten ist, dass entsprechende Fälle seitens der Finanzverwaltung beanstandet werden, besteht weiterhin Rechtsunsicherheit. Es ist daher zu hoffen, dass die Initiativen der kommunalen Spitzenverbände Früchte tragen und möglichst bald eine klärende Änderung der Rechtslage durch den Gesetzgeber geschaffen wird.

Für eine Beratung im Einzelfall stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.

Autoren