Vor diesem Hintergrund muss sich die öffentliche Finanzierung (Betriebs- sowie Investitionskosten) kommunaler Unternehmen (z. B. Krankenhäuser, Abfallentsorgungs- oder Tourismusförderungsunternehmen) an den Anforderungen des Europäischen Beihilfenrechts messen.
1. Umfassendes Beihilfenverbot
Das Beihilfenrecht verbietet Begünstigungen an Unternehmen, die staatlichen Ursprungs sind und stellt die Gewährung von Vorteilen grundsätzlich unter einen Genehmigungsvorbehalt der EU-Kommission (sog. Notifizierung). Das Merkmal der „Begünstigung“ ist weit zu verstehen und setzt allgemein voraus, dass einem Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird, den es unter normalen Marktbedingungen, also ohne Eingreifen des Staates, nicht erhalten hätte. Neben direkten staatlichen Subventionen, wie Investitions-, Betriebsmittel-, Sachkosten oder Gesellschafterzuschüssen zählen hierzu auch sonstige geldwerte Leistungen, wie unentgeltliche oder verbilligte Darlehen ohne marktübliche Zinszahlung, Bürgschaften und andere kommunale Sicherheiten (Patronatserklärungen, Garantien, Ausfallbürgschaften, etc.), soweit für diese keine marktübliche Provision aufgebracht wird.
2. Viele Betrauungsakte laufen aus
Die Freistellung einer Vorteilsgewährung von den beihilferechtlichen Restriktionen kommt im kommunalen Kontext insbesondere auf Grundlage der besonderen Rechtsakten der EU-Kommission in Bezug auf Beihilfen zur Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) in Betracht. Diese wurden zuletzt im Jahre 2011/2012 grundlegend novelliert. Mit der Rechtsfigur der DAWI trägt die Kommission der Erkenntnis Rechnung, dass bestimmte Dienstleistungen ohne staatliche Ausgleichsleistungen wirtschaftlich unrentabel wären und am freien Markt nicht oder in Bezug auf Sicherheit, Bezahlbarkeit und universalem Zugang nur zu anderen Standards durchgeführt würden (Marktversagen). Voraussetzung ist, dass das begünstigte Unternehmen mit der Erbringung von DAWI betraut wurde, der Betrauungsakt den jeweiligen Zuwendungstatbestand dem Grunde und der Höhe nach abdeckt und die weiteren (Transparenz-)Vorgaben der EU-Kommission eingehalten werden. Betrauungsakte dürfen jedoch nur für einen Zeitraum von 10 Jahren erlassen werden.
Eine beihilfenrechtskonforme Finanzierung verpflichtet das mit der Erbringung von DAWI betraute Unternehmen, die Kosten und Einnahmen der DAWI getrennt von den Kosten und Einnahmen weiterer wirtschaftlicher (gewerblicher) Tätigkeiten zu erfassen (z. B. Trennung der Kosten im Bereich der kommunalen Abfallentsorgung von den gewerblichen Entsorgungssegmenten). Diese Trennungsrechnung muss die jeweiligen Kosten und Einnahmen nachvollziehbar dokumentieren, damit das Risiko ausgeschlossen ist, dass (gewerbliche) Leistungen intern quersubventioniert werden (Überkompensationskontrolle). Erforderlich ist demnach eine Ausweisung sowohl der direkt zurechenbaren Kosten als auch der angemessenen Anteile an den Gemeinkosten (Vollkostenrechnung) der DAWI einerseits und den sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten des Beihilfenempfängers andererseits. Der Bedarf an Ausgleichsleistungen ergibt sich dann aus der Gegenüberstellung der so zugeordneten Kosten und Einnahmen der DAWI (Unterdeckungsausgleich).
3. Handlungsbedarf wegen aktueller Rechtsprechung
In der Praxis sind eine Vielzahl von Betrauungsakten aufgrund des Zeitablaufs neu zu erlassen. Der Neuabschluss sollte dazu genutzt werden, notwendige Anpassungen vorzunehmen, die in der Zwischenzeit von der aktuellen Rechtsprechung an die beihilfenrechtskonforme Betrauung gefordert werden.
Wir unterstützen Ihr Unternehmen bei der Überprüfung von staatlichen Zuwendungen auf ihre Beihilferechtsrelevanz.
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Identifizierung und Prüfung von beihilfenrechtlichen Fragestellungen
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Beratung bei beihilfenrechtskonformen Gestaltungen (bspw. Betrauungsakt bei DAWI, Darlehen oder Bürgschaften)
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Vorbereitung und Begleitung von Notifizierungen bei der EU-Kommission
Sie haben Fragen zu unserer Beratung? Wir sind gerne für Sie da.